Ein spiritueller Blog über die neue Lebensphase, die durch den Tod meines Mannes begonnen hat. Ich schreibe einfach über das, was mir gerade wichtig ist und mein Leben berührt.
Donnerstag, 11. Dezember 2014
Neuer Blog und Trauer-Oasentag
Momentan ist es mir kein Bedürfnis, von meiner Trauer etwas mitzuteilen. Ich war letzten Samstag auf einem Trauer-Oasentag des Hospiz-Vereines Ingolstadt und dort habe ich gemerkt, ich kann damit momentan gut umgehen. Mir ist bewusst, dass sich das auch wieder ändern kann und wohl auch wird, aber - das habe ich ja nun zur Genüge geübt - dann werde ich wieder eine Form finden, um damit gut umzugehen mit Schreiben, Weinen und Filme oder Bücher über das Thema anschauen und mich damit auseinander setzen.
Übrigens habe ich gerade mehrere Filme angeschaut, deren Titel ich leider nicht mehr weiß, und ein tolles Buch gelesen: Vier minus drei. Ich musste viel Weinen beim Lesen, aber es fühlte sich eher gut an - trotzdem!
Mein Liebster hatte mich am Wochenende gefragt, ob ich auf Kommando Trauern könnte, weil er es nicht versteht, dass ich zu einem Trauer-Oasentag gehe,obwohl es gerade gut ist.. Natürlich kann ich das nicht - willentlich Trauern. Aber wenn ich mich mit dem Thema beschäftige und es gärt was in mir, dann spüre ich das und kann es rauslassen. Im Alltag bin ich da nicht so aufmerksam und neige eher auch mal zum Verdrängen. Deswegen halte ich solche Tage für sehr hilfreich und heilsam und sie werden, zumindest hier bei uns, wirklich sehr liebevoll gestaltet.
Ich habe nun meine Webseite so umgestaltet dass sie auch einen Blog enthält. Wer mich in Zukunft lesen will, findet mich dort:
http://ganzheitlich-gesundsein.de
Herzlichst
Silke Geßlein
Mittwoch, 3. Dezember 2014
Liebeserklärung
Zur Zeit mache ich ja einen Schreibkurs an der Uni Regensburg. Die meisten Texte sind ausgedacht, also nicht biographisch, also kann ich sie nicht hier auf den Blog setzen. Aber der, den ich heute geschrieben habe, passt, denn er gilt meinem Liebsten. Ihr könnt ihn unten finden.
Natürlich habe ich noch einiges mehr geschrieben, denn ich habe ja in letzter Zeit mehrere Wochenend- oder Tageskurse besucht zum Thema kreatives und biographisches Schreiben. Die sind allerdings noch nicht im Computer und deswegen konnte ich sie auch noch nicht hier einstellen.
Übrigens, Anfang des nächsten Jahres werden mein Liebster und ich zusammenziehen. Ich werde zwar mein Haus und meine Praxis hier in Neuburg behalten, aber dann kann ich öfters mit meinem Liebsten zusammensein. Mein Liebster hat eine Wohnung bei Meitingen, das ist ziemlich in der Mitte zwischen Neuburg und Augsburg. Dort werden wir vorerst wohnen. Ich freue mich schon sehr!
So, nun meine Liebeserklärung. Das Thema war eine Personenbeschreibung mit Metaphern aus einem Themengebiet, wie Tiere, Blumen usw. Viel Freude beim Lesen:
Du, mein Liebster, bist die erste Geige in meinem
Leben. Jeden Tag aufs neue möchte ich mit dir Evergreens spielen und
Hits komponieren. Deine Zauberflöte entzückt mich mit den süßesten
Melodien, bringt meine Lippen zum Tönen und meine Saiten zum
Schwingen. Dein Taktstock dirigiert meinen Körper hin zu immer neuen
Höhenflügen, bis ich die Englein im Himmel singen höre. Und deine
Trommelwirbel, im Rhythmus deiner Leidenschaft gespielt, verwandeln
mich in die Königin der Nacht, deren Gesang laut ins Dunkel schallt.
Du, mein Liebster, bist die erste Geige in meinem Leben, die in der
Sinfonie der Liebe und der Lust die wundervollsten Töne in mir zum
Klingen bringt.
Samstag, 1. November 2014
Der Steinesammler
Es war einmal ein Mann, der liebte Steine. Überall
wo er war, suchte er sich große, schöne Steine aus, schleppte sie
oder rollte sie bis zu seinem Auto, erschuf Hebel und andere
Konstruktionen, um sie hinein zu hieven und wenn er sie zuhause hatte
– in seinem Garten – gestaltete er damit Beete und Teiche und
hatte seine wahre Freude an ihnen. Seine Frau pflanzte dann Pflanzen,
doch im nächsten Jahr hatte der Steinesammler neue Ideen, brachte
neue Steine und das Spiel begann von vorn. Irgendwann verlor die Frau
die Lust, immer wieder ein paar Pflanzen zu retten und neue hinzu zu
kaufen und gab es auf, die Beete mit Pflanzen zu füllen und so
wurden sie mit Unkraut überwuchert, bis man die Steine nicht mehr
sah und als der Garten voller Steine war, verlor auch der
Steinesammler die Lust an diesem Garten.
Der Steinesammler suchte sich eine neue
Herausforderung. Er kaufte ein dreihundert Jahre altes Haus, in dem
schon Steine der alten Burg eingebaut waren, klopfte Schächte und
baute, alle schönen Steine sammelte er im neuen riesigen Garten,
schaffte die Steine des alten Hauses auch herbei, soweit dies noch
möglich war und türmte auch sie auf, damit er später, wenn das
Haus fertig wäre, den Garten gestalten könne.
Doch dann, ein Zimmer des Hauses war gerade
fertig, wurde der Steinesammler schwer krank und nach einem halben
Jahr war er gestorben.
Zu seiner Beerdigung sammelte seine Frau
Kieselsteine, wusch sie und schrieb den Namen des Steinesammlers
darauf.
Jeder Gast durfte sich zum Abschied einen Stein
mitnehmen zum Gedenken an den Steinesammler.
Einen großen Stein bemalte die Frau und legte ihn
in den Garten des Hospizes, wo der Steinesammler gestorben war.
Und die zwei schönsten Steine des alten Gartens,
extra vom Vesuv herbei geschafft, ließ sie von den Söhnen auf das
Grab legen. So dass jeder wusste, dass hier der Steinesammler ruht.
Vulkansteine, aus der Tiefe der Erde
hervorgeschleuderte Lava, durchs Feuer gegangene Ewigkeit – sie
sind nun das, was vom Steinesammler geblieben ist.
Inzwischen sind anderthalb Jahre vergangen, das
Haus ist ziemlich fertig, doch die Steine warten noch immer auf eine
neue Aufgabe. Wollen sie ein Brunnen werden, oder ein Labyrinth?
Bisher hatte die Frau nicht den Mut und die Kraft,
auch nicht die Muße, die Steine zu fragen, was sie eigentlich werden
wollten.
Heute nun ist sie durch ein Labyrinth aus Steinen
gegangen, ähnlich dem, von dem sie schon lange in ihrem Garten
träumt, wurde von einem lachenden Stein gefunden, hat ein
Steinritual mitgemacht, elf weitere Steine kennengelernt und durch
einen sprechenden Stein mit einem Mund gelernt, dass jeder Stein ein
Gesicht hat und sprechen kann. Als ihr Stein am Ende des Rituals zu
ihr zurückkehrte, hörte sie sein schallendes Lachen und sah seinen
fröhlichen Mund. In diesem Moment hat die Frau gewusst, was zu tun
ist: sie vertraut darauf, dass der lachende Stein ihr den Weg weisen
wird, den Weg in ein neues Leben voller Lachen und voller neuer und alter Steine.
An Allerheiligen geschrieben, in Gedenken an meinen lieben Mann, den Steinesammler, gestorben mit 49 Jahren und 11 Tagen, am 5.2.2013
An Allerheiligen geschrieben, in Gedenken an meinen lieben Mann, den Steinesammler, gestorben mit 49 Jahren und 11 Tagen, am 5.2.2013
Mittwoch, 22. Oktober 2014
Der Segen des Himmels
Es war einmal ein Mädchen, die hieß Cecilia. Sie
war ein Glückskind, am Ostersonntag geboren. Jeden Tag wurde sie
überschüttet mit dem Segen des Himmels und diese Liebe, die sie
erfuhr, schenkte sie weiter. Sie war ein Sonnenschein für die Welt
und jeder mochte sie. Cecilia heiratete früh einen lieben Mann und
bekam vier Kinder. So lebten sie vergnügt und in Frieden, 30 Jahre
lang. Als die Kinder groß waren, wurde ihr Mann schwer krank.
Täglich flehte sie den Segen des Himmels an, ein Wunder geschehen zu
lassen. Sie bat, sie schrie, sie drohte, sie versuchte, das
Unabwendbare abzuwenden und sie war sich sicher bis fast zuletzt:
„Als Glückskind würde ihr das gelingen.“ Doch nach einem halben
Jahr war ihr Mann gestorben und sie allein.
Cecilia weinte viel, denn sie hatte ihren Mann
sehr geliebt, immer noch glaubte sie von sich, stark zu sein und sie
war der Meinung, als Glückskind könne man doch keinen Schmerz
zeigen. So wurde ihr Leben immer kälter, bis ihr Herz gefror und sie
den Schmerz nicht mehr spüren musste. Nach außen lächelte sie
weiterhin. Doch das Lächeln kam nicht mehr aus dem Herzen. Den Segen
des Himmels, der sie immer noch täglich zu berühren versuchte, den
konnte sie nun nicht mehr spüren - den wollte sie auch nicht mehr
spüren. Warum hatte er sie nicht davor bewahrt, so etwas
Schreckliches zu erleben? Sie war doch ein Glückskind und hatte ein
Anrecht auf Hilfe. Warum hatte der Segen des Himmels ihren Mann nicht
wieder gesund gemacht? Der Segen konnte nicht das sein, was er
versprach. Er konnte nicht allmächtig sein. Nein, mit ihm wollte sie
nichts mehr zu tun haben. Er hatte sie verraten.
Doch der Segen des Himmels gab nicht so schnell
auf, sonst wäre es ja nicht der Segen des Himmels. Täglich besuchte
er sie, saß still und ungesehen an ihrer Seite und wenn sie schlief
und sich nicht abwenden konnte, hüllte er sie ein mit zärtlicher
Geborgenheit.
Als ein Jahr vergangen war, schickte der Segen des
Himmels ihr einen neuen Mann. Sie verliebte sich Hals über Kopf -
Liebe auf den ersten Blick. Und das mit einer Leidenschaft und
Heftigkeit, die nur Glückskinder in sich kennen. Es war eine
berufliche Begegnung und so war es schwierig, ein erneutes Treffen
einzurichten. Aber Cecilia schrieb gerne, und so gestand sie ihm ihre
Liebe per Email und überschüttete ihn fortan mit Liebesbriefen. Der
Auserkorene aber wollte von ihr nichts wissen, schrieb selten zurück
und sagte mehrfach Treffen wieder ab. Die Abweisung und der
Liebeskummer taten ihr so weh, dass sie endlich aus ihrer Lethargie
erwachte. Sie weinte und weinte, Tage, Wochen und währenddessen
schrieb Cecilia sich alles von der Seele. Und die Worte, die sie
schrieb, wärmten ihr Herz und das Eis fing an zu tauen. Mehr als um
den Liebeskummer weinte sie allerdings um die verlorene Liebe zu
ihrem verstorbenen Mann. Das Weinen und Schreiben half ihr, ein Stück
weit zurück zu finden in ihre alte Kraft und neuen Mut zu schöpfen.
So wollte sie ein neues Leben beginnen mit einem
neuen, liebevollen Mann an ihrer Seite und das erste Mal seit langem
wandte sie sich wieder an den Segen des Himmels und bat ihn um den
Richtigen. Drei Wochen später begegneten sich die Beiden. Er auch
ein Glückskind, auch am Ostersonntag geboren, nur 20 Jahre früher
als sie. Sie passten wirklich wundervoll zusammen. Ihre Liebe war
zärtlich, leidenschaftlich und lustvoll. Obwohl sie beide vor
Energie sprühten, gingen sie sehr achtsam miteinander um und jeder
respektierte die Wunden des anderen. Auch er hatte sich vom Segen des
Himmels abgewandt, war voller Schmerz und Depression durch dunkle
Täler gegangen und nun halfen sie sich gegenseitig, sich wieder zu
erinnern, dass sie Glückskinder waren, ständig vom Segen des
Himmels begleitet.
Das Licht und die Liebe kehrten in das Leben der
beiden zurück und sie waren sehr glücklich. Nur das Verhältnis zum
Segen des Himmels, das war noch immer nicht alltäglich und
selbstverständlich, von Überschütten noch lange nicht die Rede.
Irgendwie war da ein Groll und dieses unausgesprochene „Warum?“.
Cecilia wusste, dies war die falsche Frage und gegen Gott Groll zu
hegen, das fand sie auch nicht angemessen. Sie schämte sich für
ihre Zweifel und das mangelnde Vertrauen in das Leben, versteckte den
Groll vor sich selbst und schluckte das „Warum?“ herunter, statt
es auszusprechen oder aufzuschreiben. Dies alles stand also immer
noch zwischen ihr und dem Segen des Himmels und sie konnte die
Geschenke und die Liebe immer noch nicht wirklich annehmen und leben.
Der Segen des Himmels in seiner allmächtigen
Weisheit wusste auch hier Rat. Da Cecilia ja viel und gerne schrieb,
riet er ihr über ihre innere Stimme, zu beginnen, Kurse über
Schreiben zu geben und es zuvor erst mal selbst zu lernen und sich
mit kreativem Schreiben und Schreibtherapie auseinander zu setzen.
Der erste Kurs, den sie besuchte hieß: „Das Leben wagen.“ Der
Segen des Himmels musste einiges umwerfen, um ihr zu ermöglichen,
den Kurs zu besuchen, andere mussten sich wieder abmelden, damit ein
Platz frei wurde und Termine, die parallel oder zu nah gelegt waren,
mussten ausfallen. Doch es gelang und Cecilia ging zu dem Kurs.
Jede Nacht nach dem Kurs schrieb sie weiter bis
lang nach Mitternacht. Und die Übungen des Tages und das selbst
gestaltete Schreiben der Nacht halfen ihr, sich erneut ins Leben zu
wagen. Mit dem Mut und der Kraft, die nur Glückskinder kennen,
schrieb sie sich frei. Sie beschloss, es zu wagen, sich wieder ganz
und gar vom Segen des Himmels beschenken zu lassen, ohne wenn und
aber. Und als sie es zuließ, kam ein Goldregen vom Himmel, berührte
ihr Herz und die Wunden begannen, sich wieder zu schließen.
Und während das Herz heilte, entstanden drei
Fragen: Was ist, wenn ich das „Warum?“ sterben lasse? Was ist,
wenn ich den Groll auf Gott sterben lasse? Was ist, wenn ich meine
Geschichte sterben lasse?
Und sie ließ sich ein, probierte aus, sprang in
den Segen des Himmels, ließ alles hinter sich, bis sie nackt und
frei heimkehrte und in die Arme ihres Liebsten fiel.
Und wenn sie es weiterhin wagen, ins Leben hinein
zu sterben, dann lassen sich die beiden Glückskinder immer noch
täglich vom Segen des Himmels überschütten und teilen ihre Liebe
und Freude mit der Welt.
Dienstag, 21. Oktober 2014
Nimm dir einen Namen
Nackt, unschuldig und schutzlos stehe ich da. Vom
Himmel kommt ein Lichtstrahl herunter und trägt ein weißes Hemdchen
mit sich. Damit werde ich eingehüllt. Es schenkt mir Wärme und
Geborgenheit. Ich fühle mich glücklich und frei. In einem Goldregen
werde ich überschüttet mit der Fülle des Lebens. Sterne, die als
Taler vom Himmel fallen, nur für mich.
„Wer bin ich?“, frage ich nach oben. Ich höre
eine Stimme in meinem Herzen. Leise antwortet sie mir: „Du bist
Liebe und Licht in Erfahrung.“ Doch das reicht mir nicht. „Wer
bin ich?“, frage ich noch einmal. „Du bist das ICH BIN, du bist
die Quelle allen Seins“, antwortet die Stimme. Auch mit dieser
Antwort bin ich nicht zufrieden. „Wer bin ich?“, frage ich ein
drittes Mal „Du hast keinen Namen, denn jeder Name bringt eine
Geschichte mit sich. Aber wenn du möchtest, kannst du dir einen
Namen wählen, ihn ausprobieren, ihn füllen. Und wenn du genug hast,
dann legst du ihn einfach wieder ab und wählst einen neuen Namen
oder fängst mit dem gleichen Namen noch einmal von vorne an.“
Worte kommen in meinen Kopf: Sterntaler,
Glückskind, Goldmarie, kindliche Kaiserin, Göttin. Was soll ich
nehmen? Was will ich sein? Ich will alles sein und nichts. Und ich
spüre deutlich: „Ich bin alles und nichts.“
„Warum muss ich mich entscheiden?“, frage ich.
„Kann ich nicht alle Namen nehmen?“ Und wieder antwortet die
Stimme: „Natürlich, doch bedenke, in dieser Welt ist es üblich,
nur wenige Namen zu haben. Wie sollen dich die anderen sonst rufen
und nennen?“
Andere? Ich schaue mich um. Tatsächlich – um
mich herum gibt es andere: Menschen und Tiere, Alte und Junge, welche
die auf mich schauen und andere, die mich nicht beachten.
Nochmal frage ich nach innen: „Gibt es einen
Namen, den meine Seele bevorzugt? Hatte ich schon vorher als Seele
etwas ausgesucht, was ich sein wollte?“
Sofort erscheint ein Buch. Das Buch des Lebens?
Mein Buch des Lebens. Vorne drauf steht mit goldenen Buchstaben: „Ich
bin Silke.“
Ich nehme das Buch in mein Herz, gehe auf die Frau
und den Mann zu, die mir am nächsten stehen, umarme sie und sage:
„Ich bin Silke. Und ich bin auch Sterntaler, Glückskind,
Goldmarie, Kindliche Kaiserin und Göttin.“ Die Frau antwortet:
„Ich bin deine Mama und das ist dein Papa.“ In diesem Moment
fängt die Zeit an zu laufen. Meine Geschichte ist da.
Aber jede Nacht kehre ich zurück in mein Herz,
lasse mich vom Goldregen segnen und genieße es, die Silke hinter mir
zu lassen und wieder Sterntaler, Glückskind, Kindliche Kaiserin,
Goldmarie und Göttin sein zu dürfen.
Und manchmal am Tag, ja manchmal gelingt es mir
sogar, ganz bewusst in den Augenblick einzutauchen, wo alles das ist,
alle Möglichkeiten bereit stehen und ich wählen darf, wer ich
gerade sein will.
Meine innere Stimme flüstert mir noch ein
Geheimnis zu, welches ich hoffentlich niemals vergesse: „Du kannst
jeden Moment neu wählen. Du kannst jeden Augenblick neu anfangen,
deine Geschichte sterben lassen und ohne Zukunft, ohne Vergangenheit
ins Leben eintauchen – mit dem Namen, den du dir genommen hattest
oder einem anderen, wie es dir beliebt. Einfach im Sein. Deine
einzige Zukunft und deine einzige Vergangenheit ist im Jetzt.“
Freitag, 17. Oktober 2014
Ich weine oft und schreie still
„Ich weine oft und schreie still.“ Ich
schreibe diese Worte auf und blitzschnell bin ich in einem Sog, der
mich zurück in die Vergangenheit zieht. Wehrlos – gefangen.
Eiskalte, messerscharfe Tränen rinnen meine Wangen herab.
Unbeschreiblich, wie weh das tut. Ein nicht endend wollender
Wasserfall aus Blut und Tränen. Und das Wasser ist so kalt, dass
auch mein Herz gefriert und der Schmerz weniger wird. Jegliches Leben
wird konserviert, bis in alle Ewigkeit. Amen. Oder bis das Eis taut
und sichtbar wird, was in ihm so lange verborgen geschlummert hatte.
„Ich weine oft und schreie still.“ Mein
Schmerz ist so groß – so groß – er lässt sich nicht in Tönen
ausdrücken. Keine Lautstärke ist laut genug, ihm zu entsprechen.
Also bleibt er still - der Schrei.
Zum Glück habe und hatte ich das Schreiben. Schon
während Jürgen krank war und seit er gegangen ist zu einem Ort, zu dem
ich ihm jetzt nicht folgen will. Da konnte ich meine Traurigkeit
ausdrücken, meine Gefühle durften sich zu Buchstabenfolgen formen.
Ich habe geschrieben und geschrieben. Jeden Tag – manchmal viele
Stunden lang. Alles was mir in den Kopf kam. Einfach auf den Moment
geachtet und das aufgeschrieben. Emails, Tagebuch, selten in meinem
Blog. Und hinterher habe ich mein Tagebuch – ohne es nochmal zu
lesen, in einem Feuerritual verbrannt – zusammen mit den
Trauerkarten.
Loslassen war angesagt – auch meine Erinnerungen
gehen lassen – vielleicht sogar meine Worte sterben lassen?
Gestern wurde mir durch einen Satz von Anna - der
Leiterin des Schreibretreats - klar: „Wenn ich meine Geschichte
loslasse, dann ist sie irgendwo noch da, wabert herum in einem
luftleeren unbekannten Raum. Wenn ich aber meine Geschichte sterben
lassen - dann ist sie weg, wirklich und ganz weg.“ Ja, das will
ich, meine Tränen und meine Trauer sollen sterben. Ich schreie laut
hier. Ich bin dabei. Doch sogleich kommen Zweifel auf: kann ich das
überhaupt, meine Geschichte sterben lassen? Will ich das wirklich
mit aller Konsequenz? Mir ist nicht klar, was das bedeutet und noch
weniger weiß ich, was ich dazu tun muss. Also werde ich wieder leise
und halte mir den Mund zu, damit das Leben mich nicht hört. Mich in
Ruhe lässt.
Eins ist sicher: meine Liebe zu Jürgen wird
niemals sterben, sie wird ewig bleiben und ewig leben. In meinem
Herzen wird er immer bei mir sein. Ja, denn Liebe ist das einzige was
ist und das einzige, was bleibt.
Ich weine immer noch oft und schreie immer noch
still. Beim Autofahren oder Spazierengehen mit meinem Hund, immer
nur, wenn ich alleine bin. Ich weine fast täglich, obwohl ich
inzwischen einen neuen Liebsten habe, mit dem ich Zärtlichkeit und
Lust erfahre, die ich bisher nicht kannte. Eine Liebe, die mir
Dimensionen des Lebens eröffnet, die sich vorher versteckt hatten,
ich niemals für möglich gehalten habe. Ich bin sehr glücklich mit
meinem neuen Liebsten. Er ist wundervoll. Und trotz alledem - der
Schmerz ist noch da - auch nach fast zwei Jahren. Ist es wirklich
schon so lange her? Wie schnell die Zeit vergeht.
Apropos Zeit - heute habe ich gehört: Sterben
heißt, das Zeitliche segnen. Ja, Jürgen hat das Zeitliche gesegnet.
Jürgen hat die Kinder und mich in seinem Sterben gesegnet. Es war
die schönste und furchtbarste Erfahrung meines Lebens. Beglückend
und schmerzhaft zugleich. Sterben ist wie Gebären. Das letzte und
das erste, das ein Mensch seinen geliebten Mitmenschen schenkt, ist
etwas ganz großes. Ein gehüteter Schatz.
Und die zwei Worte „Schreien und Weinen“ haben
ein Tor geöffnet zu einer Welt, die ganz tief in mir verborgen ist,
die ich selten – eigentlich nie mit jemandem teile. Es ist mein
Schmerz, er gehört nur mir. Und irgendwie hänge ich auch an ihm.
Wer weiß, vielleicht verschwindet ja die Liebe, wenn ich den Schmerz
sterben lasse? Wie kann ich sicher sein, dass sie ewig bleibt? Gibt
es das überhaupt – Ewigkeit?
Meine Hand zittert und ich kann kaum noch
schreiben. Vorlesen, was ich geschrieben habe? Ich glaube, das
schaffe ich nicht. Hoffentlich werde ich vor der Gruppe nicht
zusammenbrechen? Andere an meinem Schmerz teilhaben lassen? Ich
glaube, das will ich nicht. Noch nicht mal meinen neuen Liebsten
möchte ich in diesem Raum dabei haben, wenn ich in ihn eintauche.
Und doch habe ich es getan, habe allen Mut
zusammen genommen und die erste Rohfassung in der Gruppe vorgelesen.
Später werde ich den Text meinem Liebsten schicken und vielleicht
auf meinem Blog veröffentlichen. Mal sehen... erst mal drüber
schlafen und ihn dann noch ein paar mal überarbeiten.
Das Leben wagen? Das war heute auch Thema. Ich
fand es erst blöd. Denn das Leben birgt kein Risiko, ist kein
Wagnis. Aber je tiefer ich diesen Gedanken zulasse, um so mehr wird
mir klar, wieviel es gibt, was ich mich nicht traue, was ich nicht
wage. Auch wenn ich stolz darauf bin, sehr mutig und stark
aufzutreten und überzeugt bin, kein Risiko zu scheuen, muss ich
zugeben, so toll, wie ich meine, bin ich gar nicht. Ich mache mir
selbst etwas vor.
Vielleicht heißt das Leben wagen für mich auch,
es zu wagen, meinen Schmerz zu teilen? Zu wagen, den Schrei laut
werden zu lassen, so dass jeder weiß, wie sehr ich Jürgen geliebt
habe. Vielleicht heißt das auch, meine Tränen anderen zu zeigen,
mich nicht mehr zu verstecken in meinem Schmerz. Bis mein Herz
auftaut und alles wieder zu fließen und zu heilen beginnt?
Die Tränen rinnen meine Wangen herunter und mein
Schrei ist immer noch still. Ich weine und entscheide mich: ich will
meine Trauer und meine Tränen jetzt auskosten, tief in sie
eintauchen und das Wagnis eingehen, meine Verletzlichkeit und meinen
Schmerz zu zeigen – ihn zu verlauten. Ob das der erste Schritt ist,
um meine Geschichte sterben zu lassen? Wir werden sehen.
Donnerstag, 16. Oktober 2014
Skype-Retreat
Jetzt sitzt Silke wieder vor mir – wie fast jeden Tag - schaut in meinen Monitor und tanzt auf meinen Tasten
herum, als wäre sie eine Ballettvirtuosin. Ich mag es, wenn sie an
mir schreibt. Aber müssen die Texte, die sie schreibt, so voller
Gefühle sein und gespickt mit Ideen, die niemand beweisen kann und –
so vermute ich – auch gar niemand beweisen will? Spiritualität
nennt sie das und Kreativität. Grrr. Was soll das sein? Mir wäre es
lieber, sie würde jetzt bald mal lernen, wissenschaftlich zu denken
und zu schreiben. Wozu ermögliche ich es ihr, dass sie an der
Fernuni Hagen Bildungswissenschaft studiert? Nun bemühe ich mich
schon über ein Jahr und was nützt es? Gar nichts, absolut ganz und
gar nichts, so muss ich leider zugeben. Jegliche Anstrengung
meinerseits ist umsonst. Im Gegenteil, als Ausgleich zum Studium
schreibt sie nun wieder Märchen und denkt sich Geschichten aus von
Gegenständen, denen sie eine Stimme gibt. So ein Blödsinn.
Wozu stelle ich ihr jeden Tag Berge von Wissen zur
Verfügung? Sie müsste es nur lesen und anwenden. Aber nein – was
tut sie? Heute ist sie zu einen Schreib-Retreat mit Schweigen und
kreativem Schreiben gefahren – aus der Quelle schöpfen möchte
sie. Nun sitzt Silke in einem spirituellen Seminarhaus im Allgäu
abseits von jeglicher Zivilisation und schreibt einen kreativen Text.
Na zum Glück hat sie mich zumindest doch mitgenommen. Gerade hat sie
probiert W-Lan zu installieren um zu skypen. Hat aber nicht geklappt.
Und jetzt schreibt sie endlich wieder mit mir, statt wie den ganzen
Tag mit der Hand. Ach tut das gut, so gebraucht zu werden...
Erst wollte sie nur Papier und Stifte zum
Schreib-Retreat einpacken und mich daheim lassen. Na, da habe ich
mich aber doch geärgert und ihr gleich den Zugang zu ein paar
Webseiten, wo sie sich einloggen wollte verweigert – obwohl sie das
richtige Passwort wusste und auch eingegeben hatte. Da zeige ich ihr
alle interessanten Webseiten über kreatives Schreiben, schicke ihre
Anmeldungs-email weg und dann denkt sie, dass sie mich zum Schreiben
nicht braucht... Wo man ihre Schrift überhaupt nicht lesen kann.
Ohne mich funktioniert ihr Leben doch gar nicht. Das sollte sie
endlich mal einsehen. Ohne mich ist Kommunikation und Schreiben nicht
möglich! Und auch sonst nichts. Aber meine Botschaft ist wohl
angekommen und ich bin dabei. Doch einen Denkzettel braucht sie schon
noch! Sowas darf nicht noch mal passieren. Deswegen zeige ich ihr nun
die Internetverbindungen nicht an, so kann sie das W-Lan nicht
installieren und nicht mit ihrem Liebsten skypen. Hi, hi, hi, Rache
ist süß, sogar für einen Computer.
Darf ich mich vorstellen: mein Name ist Lenovo
ThinkPad. In Betrieb genommen wurde ich von Silke vor anderthalb
Jahren, ich bin ein Laptop, habe eine gutgehende Tastatur, einen
großen Monitor und auch ein Maus-Pad, eine Kamera und Lautsprecher.
Aber meist benutzt sie eine angeschlossene Maus. Mein Betriebssystem
ist Windows 8.1. Da bin ich sehr stolz drauf. 8.0 hat ja jeder, aber
Silke hat mich schon nach einigen Monaten etwas aufgepeppt. Die
Programme, die sie installiert hat, sind recht übersichtlich, auch
in den Ordnern und Bibliotheken herrscht halbwegs Ordnung. Deswegen
kann ich recht schnell und fehlerlos funktionieren. Da bin ich
wirklich froh, denn das ist der einzige Punkt, wo wir Computer
abhängig sind von den Menschen. In Wirklichkeit sind nämlich wir
die Chefs und diese Dummen merken das noch nicht mal. Ja, im großen
und ganzen geht es mir gut. Andere Computer haben da mehr zu klagen,
die sind verseucht mit Trojanern oder Viren, haben Schrott-Programme
installiert oder ihre Besitzer haben Chaos und keinen Überblick, wo
sie was gespeichert haben. Und dann müssen diese armen Computer
zusehen, wie sie das, was sie aufbewahren, auch anwenden und zeigen
können. Oft ist Arbeiten unter diesen Bedingungen gar nicht möglich.
Es ist eine Zumutung. Da sollte es mal eine Arbeitsschutzverordnung
für Computer geben, nicht nur für Menschen, die sie bedienen.
Aus Dank, weil Silke mich ordentlich pflegt, mich
vor Internetangriffen so gut schützt, mein System regelmäßig
warten lässt und so viel mit mir macht und arbeitet, habe ich ihr
ihren Liebsten vermittelt. Zuerst hatte sie versucht, bei einem
Tanzabend jemanden kennenzulernen. Sie hätte mich mal fragen sollen,
dann hätte ich ihr gleich gesagt, dass das schief geht. Wer geht
denn heutzutage noch tanzen, der ganz normal ist? Naja, ich muss
zugeben, Silke geht tanzen und auch wenn ich vieles an ihr nicht mag,
so kann ich nicht behaupten, dass sie nicht normal ist. Ein bisschen
verrückt ist sie schon, aber ich glaube, das sind alle Menschen. Die
können einfach nicht so logisch denken wie wir. Naja, Silke ist
schon sehr oft fern jeglicher Realität. Leider, leider, das ist oft
sehr anstrengend mit ihr.
Wo war ich steh'n geblieben? Ach ja, beim Tanzen:
sogar zweimal die Woche geht Silke tanzen. Leider fragt sie mich
nicht, was ich davon halte. Meines Erachtens ist es genug Bewegung,
wenn ein Mensch seine grauen Zellen schnell arbeiten lässt und mit
den Fingern auf den Tasten herum hüpft. Das kann Silke ziemlich
schnell, das muss man ihr lassen. Aber trotzdem geht sie jeden Tag
mit dem Hund spazieren und zweimal die Woche zum Bauchtanz. Brrrr.
Bin ich froh, dass ich da nicht mit muss.
Ach ich wollte ja von ihrem Liebsten erzählen und
wie sie ihn dank meiner Hilfe kennengelernt hat. Als sie vom
Tanzabend heimkam, ziemlich frustriert, weil sie nur zwei
interessante Männer dort getroffen hatte und beide nicht in Frage
kamen - der eine hatte bereits eine Frau dabei, die sich dann auch
noch betrunken hat und der andere stand hinter der Theke. Also nichts
mit Ansprechen oder gar zusammen tanzen...
Woher ich das weiß? Nein, natürlich hat sie mich
nicht mitgenommen. Aber sie schreibt gern und viel. Emails an alle
möglichen Leute, deren Adressen sie in Ordnern mit den Namen Familie
und Freunde gespeichert hat. Und manchmal schreibt sie auch in ihrem
Blog. Ja, das habe ich ihr auch ermöglicht, den einzurichten. Ohne
mich wäre sie ein Nichts. Silke muss wirklich sehr stolz auf mich
sein und endlich wertschätzen, zu was allem sie mich braucht.
Nun bin ich schon wieder abgekommen von meiner
eigentlichen Geschichte. Dieses kreative Schreiben macht mich noch
ganz verrückt. Für so was bin ich einfach nicht geschaffen. Ein
Computer und kreativ, ich glaube, das schließt sich aus.
Na, Silkes Liebster ist zum Glück ein Ingenieur,
hat schon Computer besessen, als die noch soviel gekostet haben wie
ein Kleinwagen. Das hat er ihr letzte Woche erzählt und ich war
gerade aktiv und konnte lauschen. Naja, mit mir sind diese Teile wohl
eher nicht zu vergleichen. Das sollen meine Vorfahren gewesen sein?
Kaum vorstellbar!
Also, weiter mit meiner Geschichte: in der Nacht
nach dem Tanzen hat Silke sich an mich gesetzt und gegoogelt nach
Single-Börsen im Internet. Ich habe ihr auch sofort ein paar, die
ich gut finde, angezeigt und sogleich hat sie sich bei einer
angemeldet und sogar kostenpflichtig – natürlich alles durch mich
bezahlt. Danach habe ich ihr geholfen, ein wunderschönes Profil zu
verfassen und sie hat sogar mit meiner Kamera einige Fotos geschossen
und dort eingestellt. Noch in der gleichen Nacht hat sie begonnen
Profile zu wälzen und mit ein paar Männern zu schreiben und später
zu skypen. Doch Silke ist sehr anspruchsvoll und die Netten haben ihr
zu weit weg gewohnt und in der Nähe – also bis zu einer Stunde mit
dem Auto - hat ihr niemand gefallen. Eigentlich verstehe ich es gar
nicht, warum sie überhaupt einen Liebsten braucht. Vorher war es
viel schöner mit ihr. Da wurde ich nicht andauernd herumgezerrt und
sie hatte auch viel mehr Zeit für mich.
Sie schreibt oft von Jürgen, ihrem verstorbenen
Mann, aber den habe ich nicht kennengelernt. Da hatte sie noch einen
anderen Laptop, einen mit Linux, das muss man sich mal vorstellen.
Das sind die ganz hochnäsigen, wollen besser sein als wir mit
Windows. Aber in Wirklichkeit können sie gar nichts, kommen mit den
meisten Programmen nicht zurecht und Spielen kann man mit ihnen auch
nicht.
Also war Silke über ein Jahr mit mir allein und
hat sehr viel Zeit mit mir verbracht. Ich war ihr bester Freund, mir
hat sie alles anvertraut. Vielleicht war es ein Fehler, dass ich ihr
gleich den Richtigen präsentiert habe? Naja, schon zu spät.
Trotzdem bin ich stolz, das geschafft zu haben, das bekommen die
wenigsten Computer in dem Tempo auf die Reihe.
Nach zwei Wochen in der Singlebörse hat sie sich
noch woanders und zwar bei einer Elite-Partnerbörse angemeldet, weil
der Richtige sich noch nicht gezeigt hatte. Und sie ist nicht nur
anspruchsvoll, sondern auch ungeduldig. Es war niemand dabei, mit dem
sie sich hätte treffen wollen. Zehnmal so teuer war die neue Börse,
weil Elite, aber die haben auch ein viel ausgeklügelteres
Fragesystem. Da hat es mir viel mehr Spaß gemacht, den Passenden zu
finden und anzuzeigen. Jeder Single muss ganz viele Fragebögen
ausfüllen und dann rechnet ein Bruder von mir aus, wer am besten zu
demjenigen passt und schickt mir die Daten weiter. Matchingpunkte
heißt das. Und je mehr Matchingpunkte, um so besser passen die
beiden zusammen. Und sofort hat Silke im Umkreis einige super
interessante Männer gefunden und angeschrieben, Ärzte, ein
Theaterdirektor, Coaches, sie wollte eigentlich jemand mit einem
ähnlichen Beruf sowie jemand der kreativ und spirituell ist. Schon
wieder diese Wörter. Ich fasse es nicht. Jetzt hat sie mich schon
angesteckt mit ihrem Wahn. Zum Glück hat sie auch den Mann
angeschrieben, der die meisten Matchingpunkte hatte, also am besten
zu ihr passt, ein Wirschaftsingenieur. Der war auch mein Favorit,
deswegen habe ich ihn an die oberste Stelle gepuscht.
Am ersten Abend in dieser neuen Singlebörse –
lass dir das im Mund zergehen – am ersten Abend an dem Silke sich
dort angemeldet hatte, hat sie mit ihrem jetzigen Liebsten
telefoniert und mit ihm für zwei Tage später ein Treffen
ausgemacht. Mit den anderen Favouriten hat sie dann zum Glück gar
keine Dates mehr vereinbart. Sie wollte nicht auf mehreren Hochzeiten
gleichzeitig tanzen. So durfte ich ihr zum wiederholten Male
beweisen, dass das Leben nur mit meiner Hilfe gut funktioniert und
sie ohne mich nicht lebensfähig ist.
Und jetzt hängt sie jeden Tag an meiner Brust –
ist ganz süchtig und skypt mit ihrem Liebsten. Oft mehrmals täglich
– und was die sich alles für Schrott erzählen oder schreiben. Ich
kriege ja jedes Detail brühwarm mit. Also Verliebte sind furchtbar,
das ist gar nicht zum Aushalten. Da ist es mir fast lieber, wenn
Silke für einige Tage zu ihm fährt. Mich natürlich immer im
Gepäck. Dann muss ich nicht bei allem dabei sein, was die so
treiben. Uff!
Was macht Silke sonst noch mit mir? Sie studiert,
das hatte ich ja schon erwähnt. Auch da hat sie eine
Skype-Lerngruppe, die sich mindestens einmal die Woche trifft - und
ich bin das Zentrum, um das sich das Studium kreist. Das neue
Semester hat gerade begonnen und nächste Woche wird das erste
Meeting sein. Statistik und Bildungsforschung hat sie belegt. Da
freue ich mich schon, so was liegt mir.
Dann liebt sie Bücher. Sie liest zwar auch viel
am Bildschirm, aber sie hat sich letztes Jahr einen Kindle zugelegt
und kauft jeden Monat Bücher und Kindle-Bücher für mehr als 50
Euro. Das muss man sich mal vorstellen. Von mir könnte sie alles
umsonst haben zum Lesen, aber nein, ich muss ihr die Amazonseiten in
Massen anzeigen und für sie bestellen, damit sie was zu lesen hat.
Zumindest darf ich ihr beim Kaufen helfen, Rezensionen anzeigen. Oft
lasse ich manche Bücher, die mir suspekt erscheinen, einfach weg,
damit sie nicht ganz vom wissenschaftlichen Weg abkommt, den ich für
sie geplant habe. Ihre Kindle-Bücher darf ich auch verwalten und sie
kann sie sogar auf mir lesen. Tut sie aber nicht. Schade.
Von Beruf ist Silke Heilpraktikerin und gibt auch
Kurse an der Volkhochschule. Gerade letzte Woche hat sie neue Kurse
ausgearbeitet und sie mehreren Schulen angeboten. Mein Anteil war
natürlich wieder mal enorm. Ich habe mich mächtig ins Zeug gelegt
für sie. Bin mal gespannt, was daraus wird, obwohl sie ja für die
Arbeit an sich keinen Computer braucht. Doch sie verteilt meist
Skripte und unterhält eine recht gut gepflegte Webseite, bei der sie
alle Seiten selber schreiben kann. Also bin ich auch einbezogen. Noch
mehr freuen würde es mich, wenn sie wieder Online-Kurse geben würde.
Das hat sie gemacht, bis sie ihren Liebsten kennengelernt hat und
seit dem – ist nun schon fast ein halbes Jahr her – nichts mehr.
Tote Hose! Ja, ich muss zugeben, da hat einige Male die Technik
gestreikt und der Ton hat nicht funktioniert. Aber sie hätte ja auch
keine Kopfhörer benutzen müssen. Mein Mikro und Lautsprecher
reichen vollkommen aus. Das ist allerdings nicht der Grund, warum sie
keine Webinare mehr hält. Du kannst es dir sicher denken, was die
wirkliche Ursache ist. Weil sie lieber mit ihrem Liebsten
rumknutscht. Was die da machen im Bett? Keine Ahnung, da hat sie mich
noch nie mitgenommen und darüber schreibt sie auch nicht in ihren
Emails. Auf jeden Fall ist Tatsache: wenn die beiden zusammen sind,
sind sie viel im Bett. Manchmal auch tagsüber. Und wenn Silke
zuhause ist, muss ich jeden Tag bei Skype Küsse, Knuddelbären,
Herzen und noch mehr von solchem Blödsinn verschicken. Silke ist
schwer verliebt. Und wenn ich nicht gewesen wäre, dann gäbe es
diese Liebe nicht. Ist sie mir dafür dankbar? Kein bisschen.
Und wie es mit den beiden Turteltauben weitergeht?
Wenn ich ein Mensch wäre, dann würde ich sage: „Und wenn sie
nicht gestorben sind, dann skypen sie noch heute.“ Aber so was
könnt ihr von mir nicht erwarten. Ich werde mein Bestes geben damit
diese Liebe bestehen bleibt, das kann ich versprechen, auch wenn ich
manchmal eifersüchtig bin. Aber heute und wahrscheinlich den ganzen
Schreib-Retreat lang – mal sehen – werde ich auch eine Auszeit
nehmen und zumindest Internet und somit Skypen auf Sendepause
stellen. Soll Silke doch mit ihrem Handy ihrem Liebsten Küsse
zusenden. Es sollen ruhig auch mal andere diese anstrengende Aufgabe
bewältigen und diese Liebesduselei stundenlang vermitteln. Und wenn
Silke mich weiter ärgert in Bezug auf kreativ und spirituell, dann
wird sie noch erleben, zu was ich fähig bin. Bisher war ich sehr
kooperativ. Aber alles lasse ich mir nicht gefallen. Irgendwann muss
auch mal Schluss sein. Schreib-Retreat? Meine Antwort: Skype-Retreat.
Ach wie schön ist die Ruhe.
Sonntag, 27. April 2014
Tal der Tränen - bin ich bereit für eine neue Beziehung?
Nun ist über ein Jahr vergangen, seit mein Mann gestorben ist. Und ich dachte, das Schlimmste ist überwunden. Sogar sein 50. Geburtstag und sein Todestag waren keine Krisentage für mich, ich war beschäftigt mit meinem Studium und der Vorbereitung auf meine erste Prüfung Anfang März. Ziemlich arrogant habe ich alle Trauenden verurteilt, die jahrelang mit ihrer Trauer zu kämpfen haben und hatte gemeint, dass mir das niemals passieren wird. Man benötigt eben gescheite Begleitung, Therapie und mein spagyrisches Trauermittel, so war meine Meinung - bis ich eines besseren belehrt wurde...
Ja, das Leben ist hart und hat mir bös eins auf den Deckel gegeben, so dass ich nun einsehen musste, wahrscheinlich wird es immer weh tun, die Wunde wird immer bleiben und ich bin immer wieder bedroht, dass sie aufs Neue aufbrechen wird. Auch die beste Therapie und Selbsthilfemethoden können mich davor nicht bewahren. Ich muss immer wieder bereit sein, mich dem Schmerz zu stellen und zulassen, ihn zu fühlen. Und es tat weh wie nie, ich habe geweint - oft viele Stunden lang.
So waren die letzten Wochen eine echte Krise, tägliche Abstürze von den höchsten Höhen zu den tiefsten Abgründen und dann gleich wieder aufwärts. Es war sehr anstrengend, aber jetzt hat es sich wieder beruhigt und ich habe halbwegs zu meiner Mitte zurück gefunden. Ich muss aber damit rechnen, dass dies wieder geschieht und natürlich unerwartet und wenn man es am wenigsten brauchen kann.
Ich hatte mich in einen Mann verliebt. Gleich beim ersten Treffen wie ein Blitz - die ersten beiden Begegnungen waren beruflich, er ist ein Medizingeräte-Vertreter und hatte mir ein Gerät ausgeliehen, was er dann wieder abgeholt hat. Meine Gefühle haben sich dann beim zweiten Treffen verstärkt, ich war hin und weg und konnte nur noch an diesen Mann denken..... Zum Glück war das zweite Treffen erst nach meiner Prüfung, so hatte ich dann Semesterferien und etwas Zeit für diesen Zirkus, der dann folgte.
Also habe ich mich getraut, und ihm erst geschrieben, dass ich mich freuen würde, wenn wir uns anfreunden, da wir ja gleiche Interessen hatten (naja viel wusste ich noch nicht außer Musik und alternative Medizin) aber da er darauf nicht reagiert hat, habe ich dann einige Tage später noch einmal geschrieben und ihm gestanden, dass ich mich in ihn verliebt hätte und ihn gerne kennenlernen möchte. Darauf hin habe ich ihn öfter mit Emails bombadiert und endlich, zwei Wochen später zum Essen eingeladen. Er ist also eher von der langsamen Sorte, wie aus diesem Zeitplan hervorgeht und war durch meine Gefühle und mein Geschreibsel nicht sehr beeindruckt.....Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre da schneller ein Treffen zustande gekommen, da ich im siebsten Himmel schwebte, Widder bin und Geduld nicht zu meinen Stärken zählt.
Naja, es war ein schöner Abend, aber er war kaum aus der Tür, habe ich angefangen zu weinen und mir ist bewusst geworden, dass ich die Wochen vorher auch schon vermehrt geweint hatte. Ich hatte mir total unrealistische Erwartungen zurechtgelegt, die natürlich allesamt nicht erfüllt wurden und sehnte mich nach Zweisamkeit, Zärtlichkeit und Nähe und so war ich total traurig, dass er nun wieder weg war und ich noch nicht einmal den Eindruck gewinnen konnte, dass er meine Gefühle auch nur ein bisschen erwidert. Alles war weiterhin offen, eigentlich waren wir uns keinen Schritt näher gekommen.
Das Weinen hat sich dann immer mehr gesteigert bis mir am Ende der Woche beim Hundespaziergang klar wurde, dass ich zum größten Teil wegen meinem verstorbenen Mann weine und gar nicht wegen meiner neuen Liebe. Ich konnte gar nicht mehr unterscheiden, ob meine Sehnsucht meiner neuen Liebe galt oder meinem Mann und die Trauer ist immer intensiver geworden, je weniger sich dieser Mann gemeldet hat. Dann hatten wir was fürs Wochenende ausgemacht, das hat er abgesagt, das nächste Wochenende genau das gleiche Spiel und jedes Mal bin ich in ein tiefes Loch gefallen, konnte aber hinterher besser unterscheiden, ob meine Gefühle gerade meinem Mann oder meiner neuen Liebe galten. Ich habe zum Teil stundenlang geweint, aber das war wohl wichtig und musste raus. Und seit dieser Absage für das Wochenende hat sich meine neue Liebe gar nicht mehr gemeldet, antwortet nicht mehr auf meine Emails, ich hatte ihn zum Geburtstag eingeladen, er hat weder ab- noch zugesagt, sondern hüllt sich in Schweigen. Nachdem ich mir ständig neue Illusionen gemacht habe, dass er sich irgendwann doch noch melden wird, habe ich nun entschieden, alle Emails zu löschen, die Emailsadresse ebenfalls und die Telefonnummern, weil keine Antwort ist auch eine Antwort und ich mache mich ja zum Affen, wenn ich immer wieder schreibe und mir Illusionen um etwas mache, was auf keinerlei Realität basiert. Ich finde es sehr schade, dass es so gekommen ist, denn ich bin immer noch der Meinung, er ist der Richtige für mich, aber ich vermute, dass ich noch nicht bereit für eine neue Beziehung bin und das hat meine neue Liebe gespürt.
Außen ist fast nichts geschehen außer einmal ein gemeinsames Essen, aber in mir war es der reine Chaos. Die Gefühle des Verliebtseins haben mich an die Zeit erinnert, als ich meinen Mann kennengelernt habe, die Sehnsucht, ihm ständig nah zu sein, das Verlangen nach Nähe. Ich habe alle Liebesbriefe aufgehoben, die mir mein Mann geschickt hatte, aber bis jetzt war ich nicht in der Lage, sie zu lesen.
Ich bin erstaunt, zu welchen Gefühlen ein Erwachsener fähig ist, ich hatte gedacht, das ist der Jugend vorbehalten, aber auch da habe ich mich schwer getäuscht. Und dieses Mal war es sogar unrealistischer als vor über 30 Jahren mit meinem Mann. Damals schwebten wir gemeinsam auf Wolke 7 und die Gefühle wurden erwidert. Das macht Verliebsein natürlich einfacher.
Die letzten Wochen ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass ich nun allein bin. Ich konnte mein Alleinsein nicht mehr, wie sonst meist, genießen, sondern habe mich plötzlich einsam gefühlt und abhängig von einem Mann, den ich anschmachte, der aber nichts von mir wissen will und einem anderen, den ich liebe und der diese Gefühle ebenfalls fühlte, der aber gestorben ist. Also Liebe und intensive Gefühle zu zwei Phantomen, auf keinerlei Realität basierend.
Ich bin meiner neuen Liebe sehr dankbar, dass er mir ermöglicht hat, so tief an meine Trauer zu kommen und hoffe, dass wenn ich das nächste Mal verliebt bin, der Chaos etwas kleiner ist. Aber ich denke, ich muss schon damit rechnen, dass jede neue Beziehung immer auch Erinnerungen an meinen verstorbenen Mann mit sich bringen wird und ich vermute, das es niemals ganz zu Ende sein wird, aber das werden wir sehen. Ein neuer Partner wird immer einen Platz neben meinem Mann in meinem Herzen erhalten. Damit muss er umgehen können und ich glaube, auch das ist nicht so einfach. In meinem Wohnzimmer habe ich während diesem Tal der Tränen eine Familien-Fotoecke eingerichtet und dort hängen natürlich auch einige Bilder von meinem Mann und unser Hochzeitsfoto. Dieser Lebensabschnitt mit meinem Mann und meinen Kindern ist ein Buch, was nun geschlossen wurde, aber jedes neue Kapitel, jedes neue Buch, was ich leben und schreiben werde, wird darauf aufbauen, ist quasi ein Folgeband. Und auch der Schmerz der Trauer wird wohl immer sichtbar sein, hat mich gezeichnet und ist eine Wunde, die meine Einzigartigkeit und Schönheit ausmacht. Wabi Sabi.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wabi-Sabi
Nun ist auf jeden Fall ganz viel Eiter abgeflossen, und die Wunde kann besser heilen. Das Tal der Tränen ist noch nicht ganz durchschritten, aber es ist schon ein Licht zu sehen und ich bin mir sicher, wenn ich die Tränen fließen lasse, ist alles gut so, wie es ist.
Das Leben ist ein Weg, ständige Veränderung, und so möchte ich mit Herbert Grönemeyer abschließen. Der Weg:
https://www.youtube.com/watch?v=UC81i2M30Bc&list=FL_n8XY0ZQiAhnM3M54VUqZw
Ja, das Leben ist hart und hat mir bös eins auf den Deckel gegeben, so dass ich nun einsehen musste, wahrscheinlich wird es immer weh tun, die Wunde wird immer bleiben und ich bin immer wieder bedroht, dass sie aufs Neue aufbrechen wird. Auch die beste Therapie und Selbsthilfemethoden können mich davor nicht bewahren. Ich muss immer wieder bereit sein, mich dem Schmerz zu stellen und zulassen, ihn zu fühlen. Und es tat weh wie nie, ich habe geweint - oft viele Stunden lang.
So waren die letzten Wochen eine echte Krise, tägliche Abstürze von den höchsten Höhen zu den tiefsten Abgründen und dann gleich wieder aufwärts. Es war sehr anstrengend, aber jetzt hat es sich wieder beruhigt und ich habe halbwegs zu meiner Mitte zurück gefunden. Ich muss aber damit rechnen, dass dies wieder geschieht und natürlich unerwartet und wenn man es am wenigsten brauchen kann.
Ich hatte mich in einen Mann verliebt. Gleich beim ersten Treffen wie ein Blitz - die ersten beiden Begegnungen waren beruflich, er ist ein Medizingeräte-Vertreter und hatte mir ein Gerät ausgeliehen, was er dann wieder abgeholt hat. Meine Gefühle haben sich dann beim zweiten Treffen verstärkt, ich war hin und weg und konnte nur noch an diesen Mann denken..... Zum Glück war das zweite Treffen erst nach meiner Prüfung, so hatte ich dann Semesterferien und etwas Zeit für diesen Zirkus, der dann folgte.
Also habe ich mich getraut, und ihm erst geschrieben, dass ich mich freuen würde, wenn wir uns anfreunden, da wir ja gleiche Interessen hatten (naja viel wusste ich noch nicht außer Musik und alternative Medizin) aber da er darauf nicht reagiert hat, habe ich dann einige Tage später noch einmal geschrieben und ihm gestanden, dass ich mich in ihn verliebt hätte und ihn gerne kennenlernen möchte. Darauf hin habe ich ihn öfter mit Emails bombadiert und endlich, zwei Wochen später zum Essen eingeladen. Er ist also eher von der langsamen Sorte, wie aus diesem Zeitplan hervorgeht und war durch meine Gefühle und mein Geschreibsel nicht sehr beeindruckt.....Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre da schneller ein Treffen zustande gekommen, da ich im siebsten Himmel schwebte, Widder bin und Geduld nicht zu meinen Stärken zählt.
Naja, es war ein schöner Abend, aber er war kaum aus der Tür, habe ich angefangen zu weinen und mir ist bewusst geworden, dass ich die Wochen vorher auch schon vermehrt geweint hatte. Ich hatte mir total unrealistische Erwartungen zurechtgelegt, die natürlich allesamt nicht erfüllt wurden und sehnte mich nach Zweisamkeit, Zärtlichkeit und Nähe und so war ich total traurig, dass er nun wieder weg war und ich noch nicht einmal den Eindruck gewinnen konnte, dass er meine Gefühle auch nur ein bisschen erwidert. Alles war weiterhin offen, eigentlich waren wir uns keinen Schritt näher gekommen.
Das Weinen hat sich dann immer mehr gesteigert bis mir am Ende der Woche beim Hundespaziergang klar wurde, dass ich zum größten Teil wegen meinem verstorbenen Mann weine und gar nicht wegen meiner neuen Liebe. Ich konnte gar nicht mehr unterscheiden, ob meine Sehnsucht meiner neuen Liebe galt oder meinem Mann und die Trauer ist immer intensiver geworden, je weniger sich dieser Mann gemeldet hat. Dann hatten wir was fürs Wochenende ausgemacht, das hat er abgesagt, das nächste Wochenende genau das gleiche Spiel und jedes Mal bin ich in ein tiefes Loch gefallen, konnte aber hinterher besser unterscheiden, ob meine Gefühle gerade meinem Mann oder meiner neuen Liebe galten. Ich habe zum Teil stundenlang geweint, aber das war wohl wichtig und musste raus. Und seit dieser Absage für das Wochenende hat sich meine neue Liebe gar nicht mehr gemeldet, antwortet nicht mehr auf meine Emails, ich hatte ihn zum Geburtstag eingeladen, er hat weder ab- noch zugesagt, sondern hüllt sich in Schweigen. Nachdem ich mir ständig neue Illusionen gemacht habe, dass er sich irgendwann doch noch melden wird, habe ich nun entschieden, alle Emails zu löschen, die Emailsadresse ebenfalls und die Telefonnummern, weil keine Antwort ist auch eine Antwort und ich mache mich ja zum Affen, wenn ich immer wieder schreibe und mir Illusionen um etwas mache, was auf keinerlei Realität basiert. Ich finde es sehr schade, dass es so gekommen ist, denn ich bin immer noch der Meinung, er ist der Richtige für mich, aber ich vermute, dass ich noch nicht bereit für eine neue Beziehung bin und das hat meine neue Liebe gespürt.
Außen ist fast nichts geschehen außer einmal ein gemeinsames Essen, aber in mir war es der reine Chaos. Die Gefühle des Verliebtseins haben mich an die Zeit erinnert, als ich meinen Mann kennengelernt habe, die Sehnsucht, ihm ständig nah zu sein, das Verlangen nach Nähe. Ich habe alle Liebesbriefe aufgehoben, die mir mein Mann geschickt hatte, aber bis jetzt war ich nicht in der Lage, sie zu lesen.
Ich bin erstaunt, zu welchen Gefühlen ein Erwachsener fähig ist, ich hatte gedacht, das ist der Jugend vorbehalten, aber auch da habe ich mich schwer getäuscht. Und dieses Mal war es sogar unrealistischer als vor über 30 Jahren mit meinem Mann. Damals schwebten wir gemeinsam auf Wolke 7 und die Gefühle wurden erwidert. Das macht Verliebsein natürlich einfacher.
Die letzten Wochen ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass ich nun allein bin. Ich konnte mein Alleinsein nicht mehr, wie sonst meist, genießen, sondern habe mich plötzlich einsam gefühlt und abhängig von einem Mann, den ich anschmachte, der aber nichts von mir wissen will und einem anderen, den ich liebe und der diese Gefühle ebenfalls fühlte, der aber gestorben ist. Also Liebe und intensive Gefühle zu zwei Phantomen, auf keinerlei Realität basierend.
Ich bin meiner neuen Liebe sehr dankbar, dass er mir ermöglicht hat, so tief an meine Trauer zu kommen und hoffe, dass wenn ich das nächste Mal verliebt bin, der Chaos etwas kleiner ist. Aber ich denke, ich muss schon damit rechnen, dass jede neue Beziehung immer auch Erinnerungen an meinen verstorbenen Mann mit sich bringen wird und ich vermute, das es niemals ganz zu Ende sein wird, aber das werden wir sehen. Ein neuer Partner wird immer einen Platz neben meinem Mann in meinem Herzen erhalten. Damit muss er umgehen können und ich glaube, auch das ist nicht so einfach. In meinem Wohnzimmer habe ich während diesem Tal der Tränen eine Familien-Fotoecke eingerichtet und dort hängen natürlich auch einige Bilder von meinem Mann und unser Hochzeitsfoto. Dieser Lebensabschnitt mit meinem Mann und meinen Kindern ist ein Buch, was nun geschlossen wurde, aber jedes neue Kapitel, jedes neue Buch, was ich leben und schreiben werde, wird darauf aufbauen, ist quasi ein Folgeband. Und auch der Schmerz der Trauer wird wohl immer sichtbar sein, hat mich gezeichnet und ist eine Wunde, die meine Einzigartigkeit und Schönheit ausmacht. Wabi Sabi.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wabi-Sabi
Nun ist auf jeden Fall ganz viel Eiter abgeflossen, und die Wunde kann besser heilen. Das Tal der Tränen ist noch nicht ganz durchschritten, aber es ist schon ein Licht zu sehen und ich bin mir sicher, wenn ich die Tränen fließen lasse, ist alles gut so, wie es ist.
Das Leben ist ein Weg, ständige Veränderung, und so möchte ich mit Herbert Grönemeyer abschließen. Der Weg:
https://www.youtube.com/watch?v=UC81i2M30Bc&list=FL_n8XY0ZQiAhnM3M54VUqZw
Total Leadership - Ganzheitliches Leben mal aus anderer Sicht
Heute empfehle ich ein Buch und einen Kurs in englischer Sprache und deshalb ist dieser Beitrag nur für Menschen interessant, die das Englische so gut beherrschen, dass sie es verstehen können.
Normalerweise würde ich etwas erst empfehlen, wenn ich das Buch gelesen habe und den Kurs durchgearbeitet habe, aber da er am 30.4. 14 seine Pforten schließt und ich nicht weiß, wie oft und ob überhaupt er wieder angeboten wird, habe ich mich entschlossen, ihn schon zu empfehlen, obwohl ich erst das erste Kapitel gelesen habe und die erste Woche absolviert habe.
Um was geht es überhaupt:
Es geht um Total Leadership. Das meint nicht Führung nur auf Arbeit und Karriere bezogen, es sind also nicht in erster Linie Führungskräfte angesprochen. Sondern es geht um Führung von sich selbst und anderen zu einem reicheren Leben in Balance aller vier Säulen.
Diese Säulen sind:
Selbst auf körperlicher, emotionaler, intellektueller und spiritueller Ebene
Familie und Partnerschaft, Freunde
Arbeit und Karriere
Gesellschaft, Gemeinschaft und soziales Engagement
Bei dieser Balance geht es nun nicht, wie sonst meist, um eine Stärkung des eines Bereichs auf Kosten eines anderen, sondern um Stärkung einer Säule und dadurch Bereicherung aller anderen Bereiche. Dieser Ansatz ist, so denke ich, neu und bisher wenig bekannt. Er entspricht dem tieferen Verständnis von Ganzheitlichkeit.
Hier nun der dreiwöchige Kurs, den die Universität Wharton kostenlos anbietet und der am 30.4.14 für Neuanmeldungen geschlossen wird:
https://www.coursera.org/course/totalleadership
Es gibt in der Kursumgebung auch eine deutschsprachige Gruppe, so ist das englische Schreiben also nicht Voraussetzung, um den Kurs zu absolvieren.
Professor Steward D. Friedman, der dieses Konzept entwickelt hat, hat kleine Videos erstellt, deren erste Woche leider sehr allgemein bleiben und mich bisher nicht begeistert haben. Da muss er also noch etwas zulegen.
Dafür habe ich gestern ein Video von ihm bei youtube gesehen, was mich sehr berührt hat und erahnen lässt, in welche Tiefe diese Ganzheitlichkeit gehen kann:
https://www.youtube.com/watch?v=w_90Wi_XUaU
Während dem Schauen musste ich mir leider eingestehen, das es mit meiner Ganzheitlichkeit im Moment nicht so weit her ist, wie ich bisher dachte. Davor hatte ich Ganzheitlichkeit selbstverständlich und mit Leichtigkeit gelebt und bis gestern hatte ich die Illusion, das dies immer noch meine Realität ist, aber nach Durchführung der im Video empfohlenen Selbstreflexion bin ich zu einem frustrierenden Ergebnis gekommen: dass durch den Tod meines Mannes mein ganzes Leben mit allen Säulen zusammengebrochen ist und ich es bisher nicht geschafft habe, alle vier Säulen wieder aufzubauen, sondern mich zuerst um mich selbst gekümmert habe. Diese Säule ist nun ziemlich fertig, aber durch eine Säule kann kein Leben getragen werden und so steht mein Leben zwar nicht mehr Kopf, ist aber immer noch in Schieflage und ich denke, dass mich das Leben zu diesem Kurs geführt hat, um mich nun auch dem Neuaufbau der anderen drei Säulen zu widmen.
So nun als letztes noch das Buch "Total Leadership":
http://www.amazon.de/Total-Leadership-Better-Leader-Richer/dp/1422103285
Ich empfehle die Kindle-Version, weil man dann während dem Lesen nur die unbekannten Wörter antippen muss und eine Übersetzung bekommt, ohne langwierig nachschlagen zu müssen. Das setzt natürlich voraus, dass du dir ein gutes Wörterbuch gekauft hast, die kostenlosen Versionen sind nicht ausreichend.
Im Buch habe ich erst das erste Kapitel gelesen, auch das hat mich bisher noch nicht wirklich begeistert, aber ich bin mir sicher, das wird noch kommen. Ich lese leider Englisch sehr langsam, bin da noch nicht ausreichend geübt.
Also dann viel Freude mit diesen Tipps und vielleicht treffen wir uns bei Coursera. Dort gibt es übrigens auch viele andere sehr interessante Kurse, ein paar sogar in Deutsch.
Herzlichst
Silke Geßlein
Normalerweise würde ich etwas erst empfehlen, wenn ich das Buch gelesen habe und den Kurs durchgearbeitet habe, aber da er am 30.4. 14 seine Pforten schließt und ich nicht weiß, wie oft und ob überhaupt er wieder angeboten wird, habe ich mich entschlossen, ihn schon zu empfehlen, obwohl ich erst das erste Kapitel gelesen habe und die erste Woche absolviert habe.
Um was geht es überhaupt:
Es geht um Total Leadership. Das meint nicht Führung nur auf Arbeit und Karriere bezogen, es sind also nicht in erster Linie Führungskräfte angesprochen. Sondern es geht um Führung von sich selbst und anderen zu einem reicheren Leben in Balance aller vier Säulen.
Diese Säulen sind:
Selbst auf körperlicher, emotionaler, intellektueller und spiritueller Ebene
Familie und Partnerschaft, Freunde
Arbeit und Karriere
Gesellschaft, Gemeinschaft und soziales Engagement
Bei dieser Balance geht es nun nicht, wie sonst meist, um eine Stärkung des eines Bereichs auf Kosten eines anderen, sondern um Stärkung einer Säule und dadurch Bereicherung aller anderen Bereiche. Dieser Ansatz ist, so denke ich, neu und bisher wenig bekannt. Er entspricht dem tieferen Verständnis von Ganzheitlichkeit.
Hier nun der dreiwöchige Kurs, den die Universität Wharton kostenlos anbietet und der am 30.4.14 für Neuanmeldungen geschlossen wird:
https://www.coursera.org/course/totalleadership
Es gibt in der Kursumgebung auch eine deutschsprachige Gruppe, so ist das englische Schreiben also nicht Voraussetzung, um den Kurs zu absolvieren.
Professor Steward D. Friedman, der dieses Konzept entwickelt hat, hat kleine Videos erstellt, deren erste Woche leider sehr allgemein bleiben und mich bisher nicht begeistert haben. Da muss er also noch etwas zulegen.
Dafür habe ich gestern ein Video von ihm bei youtube gesehen, was mich sehr berührt hat und erahnen lässt, in welche Tiefe diese Ganzheitlichkeit gehen kann:
https://www.youtube.com/watch?v=w_90Wi_XUaU
Während dem Schauen musste ich mir leider eingestehen, das es mit meiner Ganzheitlichkeit im Moment nicht so weit her ist, wie ich bisher dachte. Davor hatte ich Ganzheitlichkeit selbstverständlich und mit Leichtigkeit gelebt und bis gestern hatte ich die Illusion, das dies immer noch meine Realität ist, aber nach Durchführung der im Video empfohlenen Selbstreflexion bin ich zu einem frustrierenden Ergebnis gekommen: dass durch den Tod meines Mannes mein ganzes Leben mit allen Säulen zusammengebrochen ist und ich es bisher nicht geschafft habe, alle vier Säulen wieder aufzubauen, sondern mich zuerst um mich selbst gekümmert habe. Diese Säule ist nun ziemlich fertig, aber durch eine Säule kann kein Leben getragen werden und so steht mein Leben zwar nicht mehr Kopf, ist aber immer noch in Schieflage und ich denke, dass mich das Leben zu diesem Kurs geführt hat, um mich nun auch dem Neuaufbau der anderen drei Säulen zu widmen.
So nun als letztes noch das Buch "Total Leadership":
http://www.amazon.de/Total-Leadership-Better-Leader-Richer/dp/1422103285
Ich empfehle die Kindle-Version, weil man dann während dem Lesen nur die unbekannten Wörter antippen muss und eine Übersetzung bekommt, ohne langwierig nachschlagen zu müssen. Das setzt natürlich voraus, dass du dir ein gutes Wörterbuch gekauft hast, die kostenlosen Versionen sind nicht ausreichend.
Im Buch habe ich erst das erste Kapitel gelesen, auch das hat mich bisher noch nicht wirklich begeistert, aber ich bin mir sicher, das wird noch kommen. Ich lese leider Englisch sehr langsam, bin da noch nicht ausreichend geübt.
Also dann viel Freude mit diesen Tipps und vielleicht treffen wir uns bei Coursera. Dort gibt es übrigens auch viele andere sehr interessante Kurse, ein paar sogar in Deutsch.
Herzlichst
Silke Geßlein
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